Künstler lassen sich in ihrem eigenen Schaffen gerne von anderen Werken leiten. Manchmal führt dies zum Bildzitat. (Denken sie an Brügels berühmten Turmbau zu Babel und Klaus Stecks Verfremdung als Kühlturm eines Atomkraftwerkes).
Auch die Darstellung von B. Kuipers: "Das biblische Weltbild (ca. 1990)" zeigt gewisse Übereinstimmung mit Lukas Cranachs "Schöpfungsbild" (1534). Woher rühren die Gemeinsamkeiten? Lehnte sich Kuipers an das bekannte Bild vom Bibelillustrator Cranach an? Liegt es am Streben beider Maler, möglichst dicht an der biblischen Überlieferung zu bleiben? Wie auch die Antwort ausfallen mag, so wird doch deutlich: Durch einen Vergleich von Bildern derselben Thematik treten interessante Unterschiede und Gemeinsamkeiten hervor.
Drei unterschiedliche Interpretationen der Schöpfungsgeschichte:
Cranach (1534):
Beide Schöpfungsberichte werden bei Cranach
in einem Bild zusammengesehen. Den zweiten Schöpfungsbericht
als Kommentar zum ersten zu verstehen, ist sowohl in der jüdischen
Tradition als auch in der biblischen Theologie eine exegetische Möglichkeit.
Cranachs Schöpfungsverständnis ist im Gegensatz hierzu jedoch
noch historisch-naiv (7 Tage, Erde als Scheibe). Die historisch-kritische
Forschung, Kohlenstoffdatierung (C14) und Evolutionstheorie waren
noch jenseits aller Vorstellungskraft des Künstlers.
Schnorr v. Carolsfeld (1794-1872):
Wie das modern-naturwissenschaftliche Weltbild die Schöpfungsdarstellung
verändert, erkennt man bei Schnorr von Carolsfeld.
In seiner Darstellung des siebten Schöpfungstages
negiert er das biblische Weltbild, es stört ihn, er ersetzt es
durch das moderne.
Seine Gottesdarstellung hingegen bleibt dennoch
anthropomorph, nicht symbolhaft.
Kuipers (ca. 1990):
Der moderne Maler Kuipers stößt sich
nicht (mehr) am biblischen Weltbild.
Er sieht es nicht in Konkurrenz zum naturwissenschaftlichen
Weltbild sondern begreift es als Verstehenshilfe für die Schöpfungsberichte.
Kuipers versteht die Schöpfungsberichte (ähnlich wie Cranach)
als Einheit. Kuipers denkt reformatorisch von der Einheit der
Schrift her. Jedoch interpretierte er sie vom geschichtlichen
Selbstverständnis Israels her: Durch den Schöpfungsbericht
klärt Israel seine (historische) Identität, seine Bestimmung.
"Israel" ist das Resultat des Prozesses der (Unter)scheidung von Gott,
der mit der Schöpfung begann. Wie das Land vom Wasser, Noah von der
Menschheit, so wird auch Israels von den Völkern unterschieden. Diese
Absonderung geschieht indes zum Wohle der Menschheit. Dieser Prozeß
der Erwählung der mit Urgeschichte beginnt und findet seine Fortsetzung
im NT, in der Erwählung des Einen, Christus, zur Rettung der Völker.
Konvertieren Sie zunächt Cranachs Farbbild
in ein Schwarz-Weiß-Bild.
Isolieren Sie - wie bereits gezeigt -
die wichtigsten Strukturelemente der Komposition:
Cranach:
Gruppenarbeit:
Drucken Sie jedes Bildelement (auf ein A4-Blatt) aus.
Jede Gruppe erhält ein Set der Bildelemente aller drei Maler.
Die Schüler schneiden die Motive aus.
Sie arrangieren ihre Vorstellung von Schöpfung mit Hilfe
der Elemente auf einem Tisch.
Die Gruppen stellen ihre Komposition vor.
Sie beschreiben die ausgewählten Motive, begründen ihre Auswahl.
a) Motivvergleich:
Darstellung der Sterne (aufgehängt?)
Darstellung der Erde (rund?)
Darstellung der Menschen (Wo und Wie leben sie?)
Darstellung des Himmels (symbolisch?)
Darstellung von Gott (anthropomorph?)
Darstellung der Engel (Warum fehlen sie bei Cranach?)
b) Kompositionsvergleich:
Was ist in der Mitte, oben, unten, rechts, links?
Wie groß/klein sind die Motive gemalt?
Wie würden Sie sich als Mensch fühlen in den Bildern?
Wie wirkt die Darstellung Gottes auf Dich?
Was läßt ein Maler weg? Warum?
Was haben alle drei Bilder gemeinsam?
c) Theologievergleich:
Welche theologischen Grundaussagen teilen alle
drei Maler?
In welchem speziellen theologischen Konzept unterscheiden
sich die Maler voneinander?
Tip: Die Beschreibung und Deutung eines dieser Bilder ist auch im Rahmen von Ergebnissicherung denkbar.